Die Leiden eines Jungprofis

Autor: Darko Jekauc

Der 23. Spieltag der Bundesliga steht kurz bevor und Schalke 04 hat sich im oberen Mittelfeld festgesetzt. Der Clubmanager Chrisitan Heidel geht vor die Presse und tut etwas, was man von einem Manager eher nicht erwartet. Er kritisiert öffentlich Nabil Bentaleb, einen seiner besten Spieler im Team. Der stolze Algerier, der im französischen Lille geboren wurde, ist der zweitteuerste Transfer in der Geschichte von Schalke 04.  Der Edeltechniker wurde ca. ein halbes Jahr davor für ca. 19 Millionen Euro von Tottenham Hotspur fest verpflichtet. Christian Heidel wirft dem Mittelfeldspieler vor: „Wenn wir 5:0 gewinnen und Nabil hat nur eine Halbzeit gespielt, dann läuft er rum als hätten wir 0:5 verloren.“

Der Clubmanager und der Trainer, Domenico Tedesco, entscheiden sich nun diese Verhaltensweise zu sanktionieren. Für das nächste Spiel wird Bentaleb aus dem Kader gestrichen, obwohl auf seiner Position ein Notstand herrscht. Aus Sicht des Trainers und der sportlichen Leitung ist klar, dass die negativen atmosphärischen Tendenzen unterbunden werden müssen, bevor sie sich auf die gesamte Mannschaft ausbreiten. Es ist gar ihre Pflicht, Störfeuer in der Mannschaft sofort zu bekämpfen. Heidel erklärt: „Wenn das jeder machen würde, hätten wir ein Riesenproblem. Er ist kein böser Mensch, aber er merkt selbst nicht mehr wie er rüberkommt.“ Das Problem wurde schon mal mit dem Spieler besprochen. Tedesco betont: „Unter vier Augen ist immer alles gut.“ Es hat aber nicht gefruchtet. Der Spieler hat seine Frustration immer wieder offen zur Schau gestellt. Nun sehen sich der Trainer und der Manager zum Handeln gezwungen. Kurzfristig hat sich die Maßnahme von Heidel und Tedesco als Erfolg erwiesen, da ihre Mannschaft am 23. Spieltag einen Sieg errungen hat.

 

Aus Sicht des Spielers ist die Sache nicht so leicht. In Einzelgesprächen erkennt er, dass sein Verhalten nicht mannschaftsdienlich ist. Er kann seine Frustration aber nicht unterdrücken. Es ist nicht sein Ding gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Das Vorgehen der sportlichen Leitung von Schalke erscheint ihm ungerecht. Er hat ja niemanden kritisiert oder gar beleidigt. Aber bevor er sich noch weiteren Ärger mit der sportlichen Leitung einbrockt, schweigt er lieber und akzeptiert die Konsequenzen. Ihm bleibt auch nichts anderes übrig, da er einfach nur spielen will.

Wo liegt das Problem?

 

Die Geschichte des modernen Fußballs ist eine Geschichte der Missverständnisse zwischen Trainer und Spieler. Häufig wird mangelnde Emotionsregulationsfähigkeit als Arroganz, Egoismus oder gar als Respektlosigkeit gegenüber dem Trainer aufgefasst. Man kann sagen, dass auf beiden Seiten ein Mangel an emotionaler Kompetenz besteht. Auf der einen Seite ist der Spieler nicht in der Lage, seine Emotionen auf eine angemessene Art zum Ausdruck zu bringen oder sie gar zu seinem Nutzen ins Positive umzuwandeln. Durch sein Verhalten bringt er Unruhe in seine Mannschaft. Negative Einstellung kann sich auf die gesamte Mannschaft ausbreiten und sie in den Abgrund reißen. Auf der anderen Seite ist der Trainer unfähig, die emotionale Lage des Spielers nachzuvollziehen und der Situation angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Beide Seiten können jedoch an sich arbeiten.

 

Es ist eine gute Frage, ob die Maßnahmen der sportlichen Leitung die gewünschte Wirkung erzielen werden. Im Endeffekt wird der Spieler dafür bestraft, dass er seine negativen Emotionen durch seine Körperhaltung offen zur Schau stellt. Es ist ungewiss, ob der Spieler die Botschaft der sportlichen Leitung verstehen wird oder ob er die öffentliche Kritik als eine Demütigung und einen Angriff auf seine Person auffasst. Auch wenn der Spieler die Botschaft korrekt versteht, stellt sich die Frage, ob er die geforderten Verhaltensweisen in die Tat umsetzen kann. Vieles spricht jedoch dafür, dass beide Seiten langfristig Einbußen hinnehmen müssen.